Erster Brief | Zweiter Brief |
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Detlev Schönauer
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Kabarettist
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Offener
Brief
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An den Minister
für Bildung, Kultur und Wissenschaft Herrn Jürgen
Schreier Hohenzollernstr.
60 66117 Saarbrücken |
in Kopie an: Saarbrücker Zeitung - Herrn Friedhelm Fiedler, Herrn
Dieter Graebner, online - Herrn Christian Lauer Saarländischer Rundfunk, Frau Elisabeth Sossong, Herrn
Michael Conrad, Herrn Jörg Gehlen Radio
Salü - Herrn Oliver Hilt Saar-TV - Herrn Stefan Kühlein |
Betr: Nacht-
und Nebelaktion: Schließung des Internats des DFG
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Sehr geehrter Herr Minister Schreier, |
Es ist schon
phantastisch mitzuerleben, wie aus unserem lyonerschwangeren „Gäärdsche“
endlich die letzten Schwenkerschwaden abziehen, um schließlich den Raum
freizugeben, aus dem unser Saarland als Aufsteigerland wie Phönix aus der
Asche steigt. Da kommt doch optimistische Freude auf, wenn nicht mehr nur
kleinkarierte Dudenhöffers oder Nicoles den zahlreichen Gästen auf Willkommenstafeln
entgegengrüßen, sondern die Botschaft vom neuen Aufsteigerland Saarland,
dieser innovativen High-Tech-Region wirkungsvoll verkündet wird: wie lange
träumen wir schon vom modernen Silicon-Valley, auch wenn uns künftig vielleicht
einmal „pälzische“ Greencard-Inder zeigen, wo’s wirklich langgeht. - Das
nenne ich eine verheißungsvolle Zukunft. |
Bis es aber
soweit ist, haben leider andere das Sagen und die Kultur schrumpft auf ein
Rest-Filmfestival zusammen oder manifestiert sich in einem Musikfestival,
auf dem vorwiegend internationale Künstler den immer noch so provinziellen
Saarländern endlich zeigen, was Kunst ist! |
Da steckt
unsere Stärke doch eher in technologischem Fortschritt: High-Tech-Knauber
vereinigt Euch! Das ist die Zukunft an der Saar. Was sollen wir uns mit
Kulturschrott wie einer Schauspielschule herumärgern? Dafür haben wir ja
ein Weltkulturerbe! Das macht auch was her und tritt in keinen Hungerstreik!
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Ebenso interessiert uns doch nicht, was aus unseren
Kindern wird! Gut, da wird das DFG-Internat in der Villa Röchling geschlossen,
um Spitzenkräften aus Politik, Wirtschaft und Kultur eine niveauvolle
Informations- und Weiterbildungsstätte zu bieten. Ist ja auch eine geradezu
revolutionäre Idee: wer könnte auch da etwas dagegen haben? Und ist nicht diese wunderschöne Villa auf dem Rotenbühl
der richtige Protzbau dafür? Da können wir doch endlich einmal zeigen,
daß das Saarland nicht nur aus verrostender Industrie besteht oder aus
Schwenkern und Hasenkasten... Das müssen auch die Internatskinder einsehen. Schließlich
geht es um die Zukunft des ganzen Landes! |
Man kann
sich natürlich auch fragen, ob es nicht vielleicht andere leerstehenden
Gebäude (im Eigentum des Landes, des Stadtverbandes oder der Stadt) gibt,
die für solch eine Stätte genauso geeignet wären? Oder Neubauten? Geld ist
ja offensichtlich vorhanden - die Sanierung der Villa Röchling wird ja auch
ein paar Millionen verschlingen. |
Schlimm
ist, daß für eine deutsch-französische Erwachsenen-Begegnungsstätte ein
deutsch-französisches Internat weichen muß. Und nicht nur das: man macht
sich nicht einmal die Mühe, für diese Kinder neue Räumlichkeiten zu finden.
Man bietet keinerlei Alternative für einen Fortbestand dieser interkulturell
so wichtigen Einrichtung. Aber das paßt wieder einmal hervorragend in unsere
neue Aufsteigerwelle: denn daß jetzt 35 Kinder einfach im Regen stehen,
ist schließlich für die Zukunft eines ganzen Landes von untergeordneter
Bedeutung. Außerdem bieten sich für diese - wie Sie so kooperativ äußerten
- Alternativen: die können ja zum deutsch-französischen Internat nach Freiburg
wechseln. Eine geradezu salomonische Lösung, Herr Minister. Vielleicht fährt
ja die Saarbahn bald dahin! Wobei man sich fragen darf, wie es ein Land
Baden-Württemberg schafft, Internate zu unterhalten und dabei trotzdem wirtschaftlich-technischer
Spitzenreiter zu sein. |
Sicher,
es sind ja nur wenige betroffen: 35 Schüler und ein paar Lehrer. Aber in
diesem - und vom Land leider immer wieder totgeschwiegenen - Internat in
der Villa Röchling am Rotenbühl, das zwar zum deutsch-französischen Gymnasium
gehört, das aber auch andere Kinder aufnimmt, denen neben Kost und Logis
auch eine hervorragende nebenschulische Weiterbildung gewährt wird/wurde,
leben nicht nur Kinder aus dem Saarland, die selbstverständlich per Bus
oder Bahn in ihr Gymnasium kommen können (selbst aus Thailen oder Nohn ist
man doch locker in zweieinhalb Stunden in der Stadt - „unser Großeldern
sinn schließlisch zu Fuß vunn Nonnweiler noch Völklinge uff die Hütt getappt...
oh Entschuldigung! Keine Saartümelei!). Im Internat des DFG sind auch Schüler
aus Frankreich und Luxemburg untergebracht (und nicht aus Spicheren oder
Forbach!), sogar Schüler aus den Neuen Ländern nutzen die Möglichkeit, sich
im deutsch-französischen Grenzraum weiterzubilden. |
Haben Sie
sich, lieber Herr Minister (u.a. für Bildung !!!) wenigstens einmal die
Mühe gemacht, sich das anzuschauen, was Sie hier zerstören? Haben Sie nur
ein einziges Mal mit den Kindern und ihren Erziehern gesprochen, über deren
Schicksal Sie hier so locker und lapidar (um nicht den Ausdruck „diktatorisch“
zu bemühen) hinweggehen? Haben Sie diesen Kindern, die dort in einer einmaligen
deutsch-französischen Gemeinschaft leben, einmal zugehört, wie sie bald
deutsch, bald französisch, bald englisch die Träume von einem vereinten
Europa längst vorleben? Oder haben Sie wenigstens mit den (oft allein erziehenden)
Eltern Kontakt aufgenommen, die nun zum Teil ihren Beruf aufgeben müssen,
wenn ihre Kinder nicht mehr versorgt sind? |
Nein! Haben sie nicht. Sie haben es ja noch nicht einmal
für nötig befunden, die Eltern überhaupt zu informieren!!! Aus der Saarbrücker
Zeitung durften sie es erfahren (zumindest die saarländischen - die auswärtigen
werden es bis jetzt noch nicht offiziell erfahren haben). Aber ist ja
noch viel Zeit: das Internat wird ja erst zum Ende des laufenden Schuljahres
geschlossen, sind ja immerhin noch vier ganze Monate. Kann man nur sagen:
„Die Art und Weise, wie die Landesregierung die Eltern der Schüler vor
vollendete Tatsachen gestellt hat, ist rüde und beschämend!“ Ja, stimmt.
Hat aber schon mal jemand gesagt. Und wissen Sie wer? Genau! Sie! Vor vier Jahren nämlich, als Ihre politischen
Gegner das Internat aus Rentabilitätsgründen schließen wollten, kämpften
Sie nämlich damals als bildungspolitischer Sprecher der CDU - nur um Sie
daran zu erinnern - auf der anderen Seite für den Erhalt des Internats.
Und gerade Sie ereiferten sich über diesen Affront, daß die Eltern erst
acht Monate vorher informiert wurden. Jetzt wurde die Nacht- und Nebelaktion
vier Monate vor Inkrafttreten durchgeboxt - und die Eltern erst gar nicht
informiert. Da haben Sie ja trefflich von Ihrer Opposition gelernt! |
Man sieht
hier überdeutlich, was von Poltikeraussagen wirklich zu halten ist. Schlecht
für diese Politiker, daß das Gedächtnis mancher Wähler auch ganze Legislaturperioden
überdauern kann. |
„Das Vorgehen und die Entscheidung selbst (über die
Schließung) zeigt, daß die Landesregierung die deutsch-französische Zusammenarbeit
nur als Kulisse betrachtet, sie aber in Wirklichkeit nicht ernst nimmt.“
- ist übrigens auch von Ihnen, O-Ton 1.5.1996! Schön, daß Sie es jetzt
so ernst nehmen! Ihr Parteivorsitzender Ministerpräsident Peter Müller,
übrigens pflichtete Ihnen damals bei: „Diese unglaubwürdige Politik wird
die CDU mit allen Mitteln bekämpfen!“ Hat er auch: und 2000 Unterschriften
für den Erhalt des Internats gesammelt und dem damaligen Ministerpräsident
Oskar Lafontaine vorgelegt. Das nenne ich Engagement. Vielleicht finden
sich diese Listen ja noch mal und wir können sie wiederverwerten. |
Schließlich zählt, was jetzt ist - („was juckt mich mein Geschwätz von gestern“ - könnte auch von Ihnen sein!) - jetzt, das ist die laufende Legislaturperiode. Wer weiß denn, wer später dran ist, wenn diese Kinder mal wählen dürfen? Die Wählerstimmen der paar Schauspielschüler haben wir ja auch ganz locker weggesteckt. |
Es gab einmal
ein Land, das hat sich den Namen „Saarland - Kinderland“ gegeben (Stop!
Nicht das ich jetzt etwas Falsches sage: das war ja noch unter einer anderen
Regierung). Dann mußten nach und nach alle Internate schließen. Dann kamen
die Kinderbüchereien dran. Wer braucht das auch? Kindergartenplätze? Naja,
schau’n mer mal („wenn alleinstehende Frauen unbedingt Kinder wollen, sollen
sie halt zu Hause bleiben - war schon immer so: um 12 macht der Kindergarten
zu! Hier herrscht Ordnung! War auch schon immer so - hier heißt es ja auch:
„um 12 gebbd gess“... sorry, schon wieder Saartümelei... irgendwie sind
wir doch noch nicht vom Lyoner-Image weg). Daß man auf Hortplätze oft eine
ganze Kindheit vergeblich wartet, wissen Sie wahrscheinlich auch nicht -
aus dem Alter sind Sie ja auch raus. Kinder sind halt heute nicht so „in“.
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Und jetzt
ist es eben das Internat des DFG, das dran glauben muß: „aber Kinder, es
ist doch für die Zukunft! Ja, auch für Eure Zukunft - wir wollen doch ein
Aufsteigerland sein“, und da stören Kinder eben! Natürlich hat das Land
für besagtes Internat jährlich 1,1 Millionen ausgegeben und nur 351000 Mark
eingenommen und das Internat war unterbelegt. Aber warum? Es wurde viel
zu wenig dafür geworben. Wer weiß denn schon, daß es dieses Internat überhaupt
gibt? Und wer weiß, daß dieses Internat nicht nur den Schülern des DFG offenstand,
sondern allen Saarbrücker Gymnasiasten? Wer weiß auch, daß dort ein Kind
rund um die Uhr nicht nur schulisch betreut wurde zu einem Preis, der gerade
mal das Doppelte von den Kosten eines privaten Hausaufgabeninstitutes ausmacht
(von steuerlicher Abzugsfähigkeit ganz abgesehen)? Und wer weiß in welcher
einmaligen Symbiose dort deutsche und französische Kultur von klein auf
gelebt wird/wurde? Da hat man geflissentlich auf die Werbung verzichtet,
naja: Prismendreher mit obskuren Botschaften sind ja auch weit wichtiger
für unser Image! |
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Da ich Ihre
Arbeit als Kultusminister abschließend aber auch irgendwie würdigen möchte,
die ja leider in den letzten Tagen ziemlich drastisch an die Öffentlichkeit
gezerrt wurde (böse, böse Schauspielstudierende, böse, böse Internatsschüler...),
würde ich an dieser Stelle gerne - wenn auch nur symbolisch, Ihnen als unserem
Minister für Wissenschaft, Kultur (?) und Bildung (???), die „Goldene Saubolle“
überreichen, mit der Sie ja so locker auf unsere Kinder, auf unsere Bildung
und auch auf unsere Kultur einschlagen. |
Zudem habe
ich hier noch meinen Beitrag zur Aktion „Neue Willkommenstafeln für das
Saarland“ beigefügt - und zwar so wie gefordert: mit entsprechender Botschaft. |
Herzliche
Grüße aus einem kinderfeindlichen Land
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Detlev
Schönauer
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„Neue
Willkommenstafeln für das Saarland“
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Download:
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Willkommenstafel | Offener Brief |
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2. Brief |
Detlev Schönauer
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Kabarettist
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Noch
‘n offener Brief
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An den Minister
für Bildung, Kultur und Wissenschaft Herrn Jürgen
Schreier Hohenzollernstr.
60 66117 Saarbrücken |
in Kopie an: Saarbrücker Zeitung - Herrn Friedhelm Fiedler Saarbrücker Zeitung - Herrn Dieter Graebner Saarbrücker Zeitung - online - Herrn Christian Lauer
Saarländischer Rundfunk, Hörfunk - Frau Elisabeth Sossong Saarländischer Rundfunk, Hörfunk - Herrn Michael Conrad Saarländischer Rundfunk, Regionalfernsehen - Herrn
Jörg Gehlen Radio Salü - Herrn Oliver Hilt Saar-TV - Herrn Stefan Kühlein |
Betr:
Entschuldigung! |
Lieber Herr
Schreier, |
Jetzt ist
ja so viel in den Medien gesagt und geschrieben worden - tut mir außerordentlich
leid: nur weil Sie da mal so klammheimlich ein Internat plattmachen wollten
- und jetzt hat’s doch tatsächlich jemand gemerkt! Aber Sie stehen das durch,
schließlich stehen Sie über den Dingen - wahrscheinlich sind Sie deswegen
ja auch Minister geworden. Auch schon vorher, als Sie vor Jahren so engagiert
für dieses einmalige Internat gekämpft haben, mit Unterschriftenaktionen
und flammenden Reden: toll! Und da hat man Sie jetzt zum Kultusminister
gemacht und Sie selbst müssen den Kopf hinhalten, weil das Land diesen interkulturellen
Klotz am Bein nicht mehr finanzieren will. Das ist wirklich tragisch und
grenzt fast an die Schicksale der armen Grünen, die sich plötzlich als Pazifisten
im Krieg fanden oder als Tierschützer Rinder keulen müssen. Da mußten ausgerechnet
Sie armer Wicht in den sauren Apfel beißen und dieses DFG-Internat schließen,
wo Sie selbst so ein erklärter Befürworter des Internats waren und (für
so konsequent halte ich Sie als Politiker schon) bestimmt auch immer noch
sind - ja, das muß wehtun... - und macht’s nicht leichter, dann noch die
richtigen Argumente zu finden: behaupten zu müssen, daß einem das Schicksal
der armen Schüler egal wäre, die könnten doch nach Freiburg gehen... - das
ist wirklich bitter. |
Aber wie
Sie richtig sagten: ein Internat ist nicht mehr zeitgemäß - stimmt! Wo’s
kaum noch Alleinerziehende oder sowas wie Hausaufgabenbetreuung gibt. Die
Zahlen sprechen ja auch eine deutliche Sprache: Platz für 67 Schüler, 31
sind da und nur 19 sind im laufenden Schuljahr neu aufgenommen worden (und
die hätten sich ja selber denken können, daß das nicht mehr lange geht).
Was nützen da die knapp 30 Anfragen für’s nächste Schuljahr? Und das trotz
der vielen Werbung. Gut, ich selbst habe davon außer den riesigen Plakaten
im ganzen Land nichts mitbekommen, aber da haben Sie sich mal nicht lumpen
lassen. Respekt! Moment, stop! Das war ja die Aktion für die G-8-Geschichte
- na is ja auch egal. |
Gut, bei
den Zahlen haben Sie sich verrechnet, aber vielleicht haben Sie damals in
Mathe gerade gefehlt: den Ausgaben von DM 1,2 Mio. stehen Einnahmen von
DM 351.000 gegenüber. D.h., pro Schüler und Jahr DM 25.000 Zuschuß. Ja,
aber unter uns: die enthaltenen Personalkosten von DM 500.000,- können Sie
ja gar nicht einsparen, weil Sie den Erziehern nicht kündigen können. Mist!
Und wie ich die kenne, die wollen partout nicht in die Frühpension, obwohl’s
Saarländer sind! - da sind Schüler leichter zu entsorgen. Vielleicht kann
man die Erzieher als Lehrer in den Sonderschulen einsetzen, Sie haben da
doch so ein Programm, wo sich auch schon die Kollegen vom Gymnasium tummeln
- wird auch mal Zeit, daß Sonderschüler etwas von Integralrechnung oder
Shakespeares Sonette lernen... „mer weeß nie, wie mer’s brauche kann!“.
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Im Internat
kann man natürlich auch noch sparen: allein DM 100.000 bei externer Verpflegung.
Und noch mal etwa DM 50.000,- wenn die Kinder in ein kleineres Gebäude ziehen
würden (stehen ja welche rum und gammeln vor sich hin, a propos: an der
seit zwei Jahren leerstehenden Villa Hirsch in der Scheidter Straße ist
ein Rolladen kaputt, nur daß ich’s gesagt habe...). Wenn wir jetzt neu rechnen,
kommen wir auf - heureka - nur noch DM 473,81 pro Kind und Monat Zuschuß
- (ho, ho, freu: „Ich sollte Finanzminister werden!!!“). |
Aber zurück
und Spaß beiseite - das ist ernst: es geht um die Zukunft unseres Landes!
(...samt der seiner Minister!). Nur, das mit den 500 Schülern, Herr Schreier,
für die das Internat 1950 mal gegründet wurde, halte ich für unglücklich:
so eine hohe Zahl schreckt doch ab. Gut, ich kenne diesen Politikertrick
auch: „Hauptsach Zahlen!“ - aber doch bitte nicht so offensichtlich! Mann,
das ist ein halbes Jahrhundert her! Da haben wir noch in die Windeln gemacht,
das heißt Sie! Ich noch nicht - mich gab’s noch gar nicht - genau wie unser
Saarland, das war ja damals auch noch in französischer Hand (und Franzosen
finden solche Internate eben „très chic“ - „unn mir hann jetz de Huddel
demit!“). |
Ach, da
wollen Sie sich so schön Ihren Traum vom prunkvollen Deutsch-Französischen
Kultur-Treff verwirklichen, wo sich die großen Manager die güldene Klinke
in die Hand geben, damit sie hier im Aufsteigerland endlich mal lernen,
wie man die Zukunft gestaltet - (wenn auch nicht die unserer Kinder). Aber
ein bißchen renovieren muß man schon: schließlich kann man den hohen Gästen
der neuen „Villa Europa“ - (oder sollten wir sie nicht ehrlicherweise gleich
„Villa Schreier“ nennen?) - zumuten, in einem Speisesaal zu dinieren oder
in Sammelwaschräumen zu duschen, wobei ja gerade bei Männern schon oft große
Ideen gemeinsam am Urinal geboren wurden. Da müßte man schon noch ein paar
Milliönchen investieren. Aber ist für unser Aufsteigerland! Und das bringt
- das Argument haben Sie überhaupt noch nicht vorgebracht, obwohl das immer
gut kommt - wieder Arbeitsplätze am Bau (auch wenn’s französische oder polnische
sind...). Oder sollten Sie nach saarländischer Manier selbst Hand anlegen?
„Alles selbert gemacht!“ Auch wenn das Knauben hier Tradition hat („sieht
beschisse aus, abber es halt!“), nein! Nicht für unseren internationalen
Gäste, gelle? |
Ach, es
wär so einfach gewesen und jetzt kommen ein paar Besserwisser und machen
„Krimmel in de Kääs!“ Sogar Schüler sind ja demonstrierend zu Ihnen ins
Kultusministerium gepilgert. Unerhört! „Das hädds frieher nedd gebb: e paar
hinner die Ohr’n unn ferdisch!“ - blöde Demokratie aber auch! Die waren
ja nicht mal durch Drohung mit der Polizei einzuschüchtern. Naja, wenn schon
ein ehemaliger Frankfurter Sponti Außenminister ist... |
Da tun Sie
mir wirklich leid: umlagert von 200 Schülern, nur wegen so belangloser Kleinigkeiten
wie deren Zukunft, da könnte ja jeder kommen. Und es waren ja nicht nur
Betroffene: die haben noch Verstärkung aus der Schule mitgebracht. Ein glatter
Rückfall in die APO-Zeit! Klar, daß Sie da sauer waren, wenn Schüler aufmotzen,
die, wie haben Sie gesagt, die doch nur im Internat leben, weil sie familiäre
Probleme haben. Richtig reagiert: was gehe Sie das an? Genau! Auch daß man
sich nicht immer nur in der Zukunft orientieren könne... vollkommen richtig!
Dieses ganze Theater „Aufsteigerland“, „Saar-Lor-Lux“ - alles Geschwätz
(psst, leise, daß unser Müller, Pit das nicht hört...). Nein, Herr Schreier,
da haben Sie sich wirklich souverän aus der Affäre gezogen: Sie könnten
ja als Minister keine Politik für den Einzelnen machen! Richtig! Politik
für die Massen, für die Abermillionen, die uns gewählt haben, genau! Da
sollen die „Einzelnen“ mal ganz ruhig sein! Sowas! Schüler beim Kultusminister!
Was hat der mit denen zu schaffen??? |
Und jetzt
hat sich sogar noch der Hajo eingeklinkt. Ja kann man denn nie mal was alleine
ungestört durchziehen, ohne daß gleich die SPD Kapital draus schlägt, nur
um ihre leerstehenden Appartements vollzumachen? Obwohl die Idee ja nicht
schlecht ist: am Markt, nahe am Rotlichviertel, direkt über der Kneipe:
da lernen die Kiddies gleich das richtige Leben! Wie eine 13jährige so treffend
formulierte: „besser ibber de Kneip, als unner de Brick!“ |
Naja, jetzt
bin ich aber mal ruhig - ich weiß, Sie haben sich auch fürchterlich über
mich aufgeregt, was mich das überhaupt anginge... ich hätte ja gar keine
Kinder im Internat. Stimmt - haben Sie gleich die Listen durchgestöbert,
gelle? Aber ich habe eine Tochter auf dem DFG... vielleicht gilt das - und
die ist auch noch zweisprachig... - aber stimmt, „bikulturell“ zählt ja
bei Kindern weniger... vielleicht bei den Erwachsenen, die später in der
„Villa Euro...stop! „Villa Schreier“ auf Kosten unseres Landes die interkulturelle
Kultur verkörpern werden. Stimmt: was steck ich meine Nase in Sachen, die
mich nichts angehen? Aber, sorry, ist ‘ne Berufskrankheit. Hat mir vor Jahren
schon ein Psychiater bescheinigt, ich wäre einfach ein notorischer Schwätzer!
Ob ich das nicht beruflich nutzen könne... bin ich halt Kabarettist geworden.
Ich hätte natürlich auch Politiker werden können... aber dann hätte ich
Ihren Huddel.... nee danke. |
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Also
- in diesem Sinne herzliche Grüße aus einem radikalen Aufsteigerland!
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Detlev
Schönauer
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